von Viktoria Müller
Entstanden im Rahmen des Psych_Ed-Online-Stammtisches im Mai 2021.
- TRIGGER WARNING —
Wir weisen darauf hin, dass im Folgenden über das Thema Trauma sowie über Traumafolgestörungen geschrieben wird und wir würden euch bitte, diesen Text nur zu lesen, wenn das Thema für euch keine mentale Belastung darstellt.
Jeder hat es schon einmal gehört, doch keiner kann erklären, was es denn nun konkret damit auf sich hat: das psychische Trauma, oder in der Mehrzahl auch die Traumata. In diesem Blogpost möchten wir auf das Thema aus einem informativen Blickwinkel (aus dem Anlass unseres vergangenen Mai-Stammtisches heraus) eingehen.
Der Begriff des psychischen Traumas wird auch in Fachkreisen des Öfteren diskutiert und besitzt daher eine eher schwammige Definition. Im medizinischen Klassifikationssystem ICD-10 ist ein psychisches Trauma „ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“.
Nicht sehr konkret oder in Bezug auf Zeit und Ausmaß sehr deutlich formuliert. Was zumindest daraus festgehalten werden kann, ist die Tatsache, dass es sich hierbei um eine seelische Verletzung handelt, die eine starke mentale Belastung nach sich zieht. Hierbei kann es auch sein, dass eine ganze Gruppe ein Trauma erleidet (kollektives Trauma) oder das eine Person eine traumatische Erfahrung sowie deren Auswirkungen durch transgenerationale Weitergabe vererbt bekommen hat. Das psychische Trauma stellt eine starke Herausforderung für die Psyche dar und ist von Person zu Person individuell.
Bei Traumata werden in der Psychologie zwei Typen sowie zwei Ereignisfaktoren unterschieden. Bei einem Trauma Typ‑I handelt es sich um ein einmaliges oder kurzfristiges Ereignis, wohingegen der Typ-II eine mehrfache oder langfristige Traumatisierung umfasst. Bei einer Mehrfachtraumatisierung wird auch von einer komplexen Traumatisierung gesprochen.
Bei der Unterscheidung des Traumas nach Ereignisfaktoren gibt es zunächst das interpersonelle Trauma. Hierbei findet die Traumatisierung im Zusammenhang zu einer anderen Person oder einer Personengruppe statt („man made“, Opfer-Täter-Situation). Das Gegenteil davon, also eine Traumatisierung ohne Zusammenhang zu einer/mehreren Person(en), wird akzidentelles Trauma genannt und bezieht sich zum Beispiel auf Naturkatastrophen.
Traumafolgestörungen
Aufgrund eines traumatischen Ereignisses kann es nun zu bestimmten Störungen kommen, die zu den Traumafolgestörungen zählen. Solange ein Ereignis nicht als Trauma eingeordnet werden kann, wird zunächst von einer Anpassungsstörung gesprochen (z.B. durch den Tod eines Freundes). Sobald aber ein Ereignis als psychisches Trauma eingeordnet werden kann, führt dieses oft zunächst zu einer akuten Belastungsreaktion. Diese muss für die Diagnose mindestens drei Tage anhalten und darf aber nicht länger als vier Wochen dauern. Sie folgt im Normalfall unmittelbar nach dem Trauma. Hierbei handelt es sich um eine Anhäufung von Symptomen wie zum Beispiel eine hohe Schreckbarkeit, starke negative Gefühle oder Dissoziative Symptome.
Wenn die betroffene Person das Trauma nicht verarbeiten kann, wird ab einem Monat bei dem Anhalten der Symptomatik von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) gesprochen. Hierbei sind die Hauptkriterien die Vermeidung von Orten, die an das Ereignis erinnern, sowie Dissoziative Symptome (Depersonalisation, Derealisation) und Intrusionen (aufdrängende Gedanken oder Erinnerungen, Flashbacks, Alpträume des belastenden Ereignisses). Ob es zu einer PTBS durch ein traumatisches Erlebnis kommt, ist sehr individuell und abhängig von unterschiedlichen Faktoren.
Eine Traumafolgestörung kann nur durch eine medizinische Fachkraft (Arzt/Ärztin, Psychotherapeut:in) diagnostiziert werden.